Startseite > Themenspeicher > Gesetzliche Aufbewahrungsfristen und Rückstellung für Aufbewahrung

  Einführung

Steuerlich relevante Unterlagen müssen zwischen sechs und zehn Jahren aufbewahrt werden. Jedes Jahr zum 01.01. können also Unterlagen aus grauer Vorzeit vernichtet und Platz geschaffen werden. Grundsätzlich dürfen 2024 nur die Unterlagen entsorgt werden, für die letztmals im Jahr 2017 (bei sechsjähriger Aufbewahrungspflicht) bzw. im Jahr 2013 (bei zehnjähriger Aufbewahrungspflicht) Buchhaltungsarbeiten vorgenommen wurden. Also aufgepasst: Die Frist beginnt stets mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden bzw. Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind. Sollten Umstände die Erstellung des Abschlusses um Jahre verzögern, läuft die Frist entsprechend spät los. Bei Vertragsunterlagen beginnt die Frist nach Ablauf des Vertrages.
 
Aus diesem Grund ist ein übersichtliches Ordnungssystem unerlässlich. Jegliche Unterlagen, die über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden müssen, sollten jederzeit schnell aufzufinden sein. Das Sortieren und Ablegen der Papiere muss gewissenhaft erfolgen und kann durch den Einsatz von Hilfsmitteln wie Stempeln, Ordnern und dergleichen vereinfacht werden. Insbesondere Paginierstempel können hilfreich sein, um Unterlagen fortlaufend zu kennzeichnen und ihre Zusammengehörigkeit so ersichtlich zu machen. Einige Paginierstempel verfügen außerdem über eine Datumsanzeige, sodass zeitgleich vermerkt wird, seit wann die Dokumente aufbewahrt werden und deutlich zu erkennen ist, wann sie entsorgt werden können.
 
Im folgenden wollen wir weiter auf die rechtlichen Anforderungen zu sprechen kommen und Ihnen auch eine konkrete Arbeitshilfe mit unserem Download "Aufbewahrungsfristen von A-Z" geben.
 

  Wer muss aufbewahren?

Das Handelsgesetzbuch (HGB) verpflichtet Kaufleute zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen (§§ 238, 257, 261 HGB). Aus steuerlichen Gründen haben aber alle Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft die Aufbewahrungsvorschriften nach § 147 i. V. m. §§ 140 ff. Abgabenordnung (AO) zu erfüllen. Neben den o.g. Vorschriften finden sich noch weitere unterschiedliche Regelungen zu den Aufbewahrungsfristen für bestimmte Berufe oder Tätigkeiten in diversen Gesetzen und Verordnungen. Die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften zur Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen und zur Aufbewahrung von Schriftgut stimmen jedoch nur zum Teil überein. Aus steuerlichen Gründen sind sämtliche Geschäftsunterlagen und sonstige Unterlagen (wie z.B. DV-Datenträger und Mikrofilme) aufzubewahren, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Die handelsrechtlichen Vorschriften haben damit für die betriebliche Praxis nicht die Bedeutung, wie sie den steuerrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften zukommt. Im folgenden werden daher vornehmlich die steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen dargestellt.
 
Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Aufbewahrungsfrist gem.der Abgabenordnung (§147) mit dem Schluss des Kalenderjahres beginnt, in dem der Jahresabschluss aufgestellt worden ist. Daraus ergibt sich, dass die Aufbeahrungsfrist aller zum Jahresabschluss gehörenden Unterlagen ebenfalls mit dem Schluss des Kalenderjahres beginnt, in dem der Jahresabschluss erstellt wurde.
 
Speziell geregelt ist in § 14 b UStG (Umsatzsteuergesetz) die Aufbewahrung von Rechnungen. Danach hat ein Unternehmer ein Doppel der Rechnungen, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und auf seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und auf dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, aufzubewahren.
 

  Was ist aufzubewahren?

Aus steuerrechtlichen Gründen sind sämtliche Bücher und Aufzeichnungen aufzubewahren, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. § 147 Abs. 1 AO nennt im Einzelnen folgende Unterlagen:
 
  • Bücher (bei Kaufleuten Handelsbücher) und Aufzeichnungen
  • Inventare
  • Jahresabschlüsse bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung
  • Lageberichte
  • Eröffnungsbilanz
  • die zum Verständnis dieser Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen
  • empfangene Handels- und Geschäftsbriefe
  • Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe
  • Buchungsbelege
  • Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung nach Art. 77 Abs. 1 i. V. m. Art. 62 Abs. 2 Zollkodex beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben und
  • sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

 
Problematisch ist in der Praxis die richtige Einordnung der Unterlagen. Nicht jeder Brief ist ein Geschäftsbrief, nicht jeder Beleg ein Buchungsbeleg. Eine beispielhafte Aufstellung mit den entsprechenden Fristen finden Sie am Ende dieses Beitrages zum Download. Zu den Büchern (Handelsbücher) und Aufzeichnungen gehören Grundbuch sowie Haupt- und Nebenbücher, wobei Letztere bei der doppelten Buchführung in Form von Konten geführt werden. Bei der Offene-Posten-Buchhaltung ersetzen Belege die sonst zu führenden Konten. Hierbei kommt es nur darauf an, ob die Bücher für die Besteuerung irgendwie von Bedeutung sind. Inventare sind Aufzeichnungen über die körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden. Je nach Art und angewandtem Verfahren müssen zusätzlich Inventuranweisungen, Verfahrensbeschreibungen o. ä. Aufzeichnungen aufbewahrt werden. Nach AO und HGB sind die Arbeitanweisungen und Organisationsvorschriften aufzubewahren, die zum Verständnis der Bücher etc. notwendig sind. Hierunter fallen auch Unterlagen, die die Technik eines DV-Buchführungssystems erläutern.
 
Als Geschäftsbrief (Handelsbrief) gilt jegliche Korrespondenz, die der Vorbereitung, der Durchführung oder der Rückgängigmachung eines Geschäftes dient. Korrespondenz, die nicht zum Abschluss eines Geschäftes geführt hat (z. B. nicht erfolgreiche Angebote, Werbeflyer, Prospekte), ist kein Handels-/Geschäftsbrief. Buchungsbelege haben die Funktion nachzuweisen, dass einem gebuchten Sachverhalt auch ein tatsächlich existierender Vorgang zugrunde liegt. Dabei sind alle Sachverhalte buchungspflichtig, die eine Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens haben. Oft sind externe Buchungsbelege zugleich auch Geschäftsbriefe. Sonstige Unterlagen sind beispielsweise Kalkulationsunterlagen, Ausfuhrbelege oder Bewertungen von Eigenleistungen. Ihre Bedeutung für die Besteuerung ist im Einzelfall zu prüfen.
 
Speziell geregelt ist in § 14 b UStG (Umsatzsteuergesetz) die Aufbewahrung von Rechnungen. Danach hat ein Unternehmer ein Doppel der Rechnungen, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und auf seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und auf dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, aufzubewahren. Dies gilt auch in Fällen, in denen die Steuerschuld auf den letzten Abnehmer bzw. den Leistungsempfänger verlagert ist.
 
Nicht aufbewahrungspflichtig sind betriebsinterne Aufzeichnungen, wie Kalender, Arbeitsund Fahrberichte. Diese Papiere können zeitnah vernichtet werden und müssen dem Außenprüfer oder Steuerfahnder auch nicht vorgelegt werden.
 

  Wie lange ist aufzubewahren?

Die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen, Jahresabschluss, Inventare, Lageberichte, Eröffnungsbilanz, Buchungsbelege, Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben, und Rechnungen beträgt zehn Jahre. Alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen sind sechs Jahre aufzubewahren.
 
Die Frist beginnt stets mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden bzw. Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind. Bei Vertragsunterlagen beginnt die Frist nach Ablauf des Vertrages.
 
Folgendes Beispiel verdeutlicht die Fristberechnung:
Am 10. März 2024 beenden Sie die Abschlussarbeiten und erstellen die Bilanz für das Kalenderjahr 2023. Wann können Sie die gesamten Unterlagen zur Bilanz vernichten, damit Sie im Archiv wieder mehr Platz haben? Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ablauf des 31. Dezember 2024 und läuft 10 Jahre. Sollte das Finanzamt am 31. Dezember 2034 bei Ihnen unangemeldet anklopfen, müssen Sie die Unterlagen noch vorlegen können. Ab dem 1. Januar 2035 können Sie die Unterlagen vernichten.
 
Bei der Vernichtung von Informationen sollte auch der Datenschutz berücksichtigt werden. So reicht es nicht aus, einfach die Unterlagen in die Papiermülltonne zu werfen. Entweder beauftragen Sie ein Unternehmen, welches sich auf die Vernichtung von Akten spezialisiert hat oder schaffen einen eigenen Papiershredder an. Bei regelmäßig wiederkehrenden größeren Mengen ist die Beauftragung einer Aktenvernichtungsfirma angeraten. Fallen im Tagesgeschäft häufig Dokumente an, die vernichtet werden müssen, sollte ein Aktenvernichter im Büro platziert werden. Bei sporadischem Bedarf kann natürlich auch auf Hausmittel wie den Gartenhäcksler zurückgegriffen werden. Die Funktion des Gartenhäcksler ist ähnlich, wie auch bei den Geräten,die bei einer Aktenvernichtungsfirma eingesetzt werden. Lediglich Akten inklusive der Hebelmechanik sollten Sie nicht durch den Häcksler jagen.
 
Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich die Aufbewahrungsfrist auch verlängern. Dies ist der Fall, wenn das Schriftgut für Steuern von Bedeutung ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, §§ 169, 170 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist kann durch eine Reihe von Ereignissen gehemmt werden, wie z. B. einen Einspruch, eine Betriebsprüfung oder eine spätere Abgabe der Steuererklärung.
 
Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen sind Unterlagen auch dann länger aufzubewahren, wenn und soweit sie für folgende Sachverhalte von Bedeutung sind:
 
  • für eine begonnene Außenprüfung
  • für eine vorläufige Steuerfestsetzung (§ 165 AO)
  • für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen
  • für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren
  • zur Begründung von Anträgen an das Finanzamt durch den Steuerpflichtigen

 

  In welcher Form ist aufzubewahren?

Für die Aufbewahrung sind gesetzlich folgende Formen vorgeschrieben bzw. zugelassen:
Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen und Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben, sind im Original aufzubewahren. Abweichend vom Gesetz verlangt die Finanzverwaltung in Bezug auf die letztgenannten Unterlagen keine Aufbewahrung im Original mehr, vgl. Allgemeinverfügung des BMF vom 8. März 2004, Az. III B 7 - S 01317 - 3/04.
 
Handels- und Geschäftsbriefe und Buchungsbelege sind so aufzubewahren, dass ihre Wiedergabe bildlich mit dem Original übereinstimmt. Bei allen anderen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen reicht die inhaltliche Wiedergabe aus. Unterlagen, die steuerlich relevant und zugleich originär digital sind, müssen in einer Form aufbewahrt werden, dass sie maschinell ausgewertet werden können. Dies bedeutet, dass für steuerlich relevante, originär digitale Unterlagen die bildliche Wiedergabe auf Papier, Mikrofilm oder als Image in einem optischen Archiv oder die inhaltliche Wiedergabe auf einem beliebigen Datenträger für sich alleine nicht mehr ausreicht.
 
Die Aufbewahrung im Original muss gesichert und geordnet erfolgen. Eine gesicherte Aufbewahrung bedeutet, dass der Raum oder das Gebäude, in dem die Unterlagen aufbewahrt werden, vor Einwirkungen wie Feuer, Wasser und Feuchtigkeit geschützt ist. Insbesondere muss auch gewährleistet sein, dass die Schrift auf dem verwendeten Papier nicht verblasst. Problemfall Thermopapier: Rechnungen auf Thermopapier haben häufig den Nachteil, dass die Schrift über die Jahre verblasst und nicht mehr lesbar ist. Deshalb ist dringend zu empfehlen, diese Rechnungen zeitnah auf normales Papier zu kopieren und die Kopie zur Originalrechnung zu heften. Die geordnete Aufbewahrung erfordert, dass ein sachverständiger Dritter die Unterlagen in angemessener Zeit prüfen können muss. Hierzu kann beispielsweise ein Regelwerk dienen, in dem unter anderem festgelegt wird, welche Unterlagen nach welchen Ordnungskriterien archiviert werden und wer dafür verantwortlich ist.
 
Die bildliche Wiedergabe erfordert die originalgetreue Übertragung des Bildes auf das Speichermedium sowie die gesicherte und geordnete Aufbewahrung der Speichermedien und eine lesbare bildliche Wiedergabe bei Bedarf. Dabei kann die bildliche Wiedergabe auch kleinformatiger wieder hergestellt werden. Sie muss allerdings alle auf dem Original angebrachten Sicht-, Kontroll- und Bearbeitungsvermerke enthalten. Im Einzelfall kann auch der Farbe Beweiskraft zukommen, z. B. bei einer Rechnung, wenn allein die Farbe beweist, dass es sich dabei um das Original und nicht um den Durchschlag handelt. Für Ausfuhrbelege, bei denen die Originale mit Dienststempelabdrucken versehen sind, wird eine Aufbewahrung im Original verlangt, da nach Auffassung der Finanzverwaltung die originalgetreue Wiedergabe technisch nicht darstellbar ist. Dies gilt auch für Stempelabdrücke, die keine speziellen Pigmentierungen enthalten. Details regelt eine im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium und den obersten Finanzbehörden der Länder veröffentlichte Verfügung der OFD Koblenz vom 7. Mai 2007 (Az. S 7134 A - St 442).
 
Auch bei Eingangsrechnungen, aus denen Vorsteuer geltend gemacht wird, kann eine Aufbewahrung im Original zu empfehlen sein. Denn für den Vorsteuerabzug muss dem geltend machenden Unternehmer die Originalrechnung vorgelegen haben und dafür trägt er auch die objektive Beweislast. Im Einzelfall kann der Nachweis schwierig sein; mit Aufbewahrung des Originals ist dieses Risiko ausgeschlossen.
 
Die inhaltliche Wiedergabe erfordert, dass die aufzubewahrenden Informationen vollständig und richtig auf das Speichermedium übernommen werden, dass der Inhalt während der Aufbewahrung nicht verändert wird und dass die Wiedergabe während der Aufbewahrungsfrist möglich ist.
 
Als Unternehmer sollten Sie sich vor Vernichtung der Originalunterlagen immer fragen, ob eine Aufbewahrung im Original aus Beweisgründen notwendig ist. Insbesondere gilt dies für Rechnungen, die zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs notwendig sind. Dafür muss die Rechnung nämlich entweder in Papierform vorliegen oder - wenn sie als elektronische Abrechnung vorliegt - mit qualifizierter elektronischer Signatur bzw. Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz versehen sein. Nur diese beiden Varianten erfüllen den Tatbestand einer ordnungsgemäßen Rechnung. Die Aufbewahrung des Originals kann auch aus Gründen der Beweiserheblichkeit im Prozess notwendig sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Rechtsanspruch nur durch das Original zu beweisen ist (z. B. bei Vollmachten, Wertpapieren). Grundsätzlich genügt die Möglichkeit der bildlichen Wiedergabe zur Beweissicherung. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung. Als Urkundenbeweise gelten nur schriftliche Äußerungen. Opto-elektronisch gespeicherte Daten gelten deshalb vor Gericht nicht als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung. Ihnen fehlt die für Urkunden erforderliche Schriftlichkeit, da bei diesen Speichermedien Belege digital aufgezeichnet werden und sie deshalb nur maschinell darstellbar sind.
 

  Wo muß aufbewahrt werden?

Nach der steuerlichen Vorschrift (§ 146 Abs. 2 AO) ist grundsätzlich in Deutschland aufzubewahren. Das Handelsgesetzbuch schreibt keinen bestimmten Ort vor, doch müssen die Unterlagen in einer angemessenen Zeit vorgelegt werden können (§ 239 Abs. 4 HGB). Hinsichtlich der Aufbewahrung von Rechnungen ist zu beachten, dass im Inland ansässige Unternehmer alle Rechnungen im Inland aufzubewahren haben. Handelt es sich allerdings um eine elektronische Aufbewahrung, die eine vollständige Fernabfrage der betreffenden Daten gewährleistet, darf der Unternehmer die Rechnungen auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet aufbewahren. Es ist jedoch dem Finanzamt mitzuteilen, wenn die Rechnungen nicht im Inland aufbewahrt werden.
 

  Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten?

Werden die Aufbewahrungspflichten nicht eingehalten und entspricht die Buchführung damit nicht den §§ 140 bis 148 AO, so ist die Finanzbehörde berechtigt, die Besteuerungsgrundlage zu schätzen. Weiterhin kann bei der Verletzung der Buchführungspflichten je nach Einzelfall aufgrund der Verwirklichung von Steuerstraftatbeständen oder anderen Straftatbeständen eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe drohen. Werden durch höhere Gewalt, z. B. Hochwasser, Feuer oder sonstige Katastrophen, Unterlagen vernichtet, dürfen Ihnen diese Folgen grundsätzlich nicht angelastet werden.
 

  Rückstellung für die Aufbewahrung

Eine Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ist sowohl nach HGB als auch nach IFRS zu bilden. Hierfür stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Die Aufbewahrungspflicht stellt eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung dar, die bereits in dem Jahr wirtschaftlich verursacht wird, in dem die betreffenden Unterlagen entstanden sind (§ 257 HGB und § 147 AO). Für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung ist im Jahresabschluss nach HGB eine Rückstellung zu bilden. Es handelt sich hierbei um eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten, für die handelsrechtlich ein Passivierungsgebot besteht (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Daraus ergibt sich auch für die Steuerbilanz ein Passivierungsgebot (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG).
 
Die Rückstellung ist nach den Vorschriften des HGB nicht abzuzinsen. Für die Abzinsung einer Sachleistungsverpflichtung ist der Zeitraum von der erstmaligen Bildung der Rückstellung bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchstabe e S. 2 EStG). Da die Aufbewahrungspflicht der in § 147 AO und § 257 HGB genannten Geschäftsunterlagen mit dem Entstehen dieser Unterlagen beginnt, ergibt sich kein Zeitraum, für den eine Abzinsung vorzunehmen wäre.
 
Rückstellungen sind nach IAS 37 bei Vorliegen der nachfolgenden Tatbestandsmerkmale zu bilden:
 
  • gegenwärtige - rechtliche oder faktische - Außenverpflichtung
  • aufgrund eines vorhergegangenen Ereignisses
  • mit wahrscheinlichem Abfluss von Ressourcen
  • bei zuverlässiger Schätzungsmöglichkeit der Verpflichtung

 
Da eine gesetzliche Aufbewahrungspflicht vorliegt, können Sie bei der Bewertung der Rückstellung nach IAS 37 auf eine Vollkostenbetrachtung abstellen und die Aufwendungen wie nach HGB ermitteln. Im Unterschied zum HGB und zum Steuerrecht müssen Sie jedoch grundsätzlich eine Abzinsung der Rückstellung in Höhe des Barwertes der erwarteten Ausgaben vornehmen, wobei Sie auf den aktuellen Kapitalmarktzins zurückgreifen können. Da IAS 37 aber nur bei wesentlichen Effekten eine Abzinsung verlangt, kann bei vielen Archivierungsrückstellungen in der Regel darauf verzichten werden.
 

  Excel-Tool Aufbewahrungsfristen von A-Z

Welche Belege dürfen in 2024 vernichtet werden? Wir haben in der folgenden Datei für Sie eine Übersicht der wichtigsten Unterlagen in alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt. Die pdf-Version kann sofort ausgedruckt und mit ins Archiv genommen werden... ;-) die Excel-Version soll Ihnen auch in Folgejahren die Möglichkeit geben, die Jahresdaten schnell und selbständig zu ersetzen.
 
 Aufbewahrungsfristen von A-Z - Ansicht als pdf
 Aufbewahrungsfristen von A-Z - Download als xlsx
 

  Exkurs: Private Rechnungen und Belege

Wie lange sind Private Rechnungen und Belege aufzubewahren? Nun, private Rechnungen und Belege für die Einkommensteuererklärung muss man grundsätzlich nicht langfristig archivieren. Dennoch sollte man gewisse Regeln einhalten und Unterlagen nicht blindlings entsorgen. Belege müssen seit 2017 dem Finanzamt zwar nicht mehr automatisch vorgelegt werden, aber mit ihrer Entsorgung sollte man warten, bis der Steuerbescheid da ist, auf seine Ordnungsmäßigkeit überprüft wurde und Bestandskraft hat.
 
Neben den steuerlichen Aspekten ist das Aufbewahren von Rechnungen oder Quittungen auch aus zivilrechtlichen Gründen empfehlenswert. Mit diesen Belegen lassen sich im Streitfall Verjährungsfristen, Garantien oder Gewährleistungsrechte besser durchsetzen.
 
Bei Rechnungen über Bauleistungen gilt außerdem, unabhängig vom Einkommen des Steuerzahlers: Nach dem Umsatzsteuergesetz muss man Rechnungen, die für Arbeiten oder Dienstleistungen an einem Grundstück ausgestellt wurden, zwei Jahre lang aufbewahren. Die Baurechnungen enthalten meistens einen entsprechenden Hinweis zu dieser Aufbewahrungsfrist. Alle Handwerksleistungen, die einer Gewährleistungspflicht unterliegen, müssen sogar fünf Jahre lang archiviert werden.
 
Und: Wer aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung mehr als 500.000 Euro im Jahr erzielt hat, der muss die entsprechenden Unterlagen sechs Jahre lang aufheben.
 

  Literatur-Tipps

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