Praxisbericht Balanced Scorecard

von Dr. Georg Wübker und Jens Baumgarten; Simon, Kucher & Partners, Bonn; veröffentlicht in der FAZ v. 25.August 2001


 

Hauptziel der BSC ist das Herunterbrechen der Unternehmensstrategie auf relevante, meßbare Erfolgsfaktoren. Auf Basis einer klaren Vision werden strategische Ziele für die vier Bereiche Finanzen (z.B. ROCE), Kunden/Markt (z.B. Kundenwert), Prozesse (z.B. Entwicklungszeiten) sowie Mitarbeiter (z.B. Mitarbeiterzufriedenheit) abgeleitet, in eine kausale Beziehung zueinander gesetzt und durch Kennzahlen operationalisiert. Das Vorgehen zur Entwicklung einer BSC ist dabei wie folgt:

    Entwicklung von Vision und Unternehmensstrategie
     
    Ableitung und Formulierung der strategischen Ziele für die betrachteten Unternehmenseinheiten
     
    Abbildung der Ziele in einem Ursache-Wirkungs-Modell
     
    Festlegung der operativen Ziele sowie Maßnahmen
     
    Entwicklung von Kennzahlen zur Messung des Erreichungsgrades dieser Ziele
     
    Entwicklung eines Umsetzungsplans und Feedback-Prozesses

Im Rahmen der von uns betreuten Einführungen der BSC in Unternehmen verschiedener Branchen ergaben sich folgende strategische Verbesserungen:

Herunterbrechen der Vision/Strategie auf klare, meßbare Zielgrößen: Das Top-Management erarbeitete eine Vision, die als Basis für das Ableiten der strategischen Kernziele des Unternehmens diente. Dabei konzentrierte man sich auf insgesamt sechzehn Ziele - je vier Ziele pro Perspektive - und reduzierte hierdurch die Komlplexität der Strategieentwicklung erheblich.

Balance zwischen finanzwirtschaftlichen, internen und marktbezogenen Kennzahlen: Diese Ausgewogenheit von internen und externen Steuerungsgrößen ist ein Kernaspekt der BSC. Nicht mehr ausschließlich finanzwirtschaftliche Kennzahlen standen fortan im Mittelpunkt der Unternehmenssteuerung.

Hohe Transparenz und gemeinsames Verständnis der Strategie/Ziele: Durch intensive Diskussionen im Management über die Werttreiber in der Branche und im Unternehmen erzielte das Management einen breiten Konsens über die wichtigsten Ziele und Steuerungsgrößen. Diese Transparenz verbesserte das gemeinsame Verständnis über die Wechselwirkungen zwischen den jeweiligen Zielgrößen - ein sehr wichtiges Ergebnis des BSC-Prozesses.

Hohe Akzeptanz, Motivation und Identifikation bei Mitarbeitern: Aufgrund der zahlreichen Diskussionen in den verschiedenen Management-Workshops stießen die Scorecards auch auf eine hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitern - was letztlich eine offenere Unternehmenskultur förderte.

Erhöhte Kundenbindung: Ein wichtiges strategisches Ziel (Bereich Kunde) war die Erhöhung der Kundenbindung. Die Wechselrate konnte durch geeignete Maßnahmen signifikant reduziert werden. Dies führte zu einer Steigerung des Unternehmenswertes.

Strategische Lerneffekte/kontinuierliches Feedback: Stand und Ergebnisse der einzelnen Maßnahmen müssen permanent kommuniziert werden. Das Management kann somit bei Bedarf gegensteuern. Dieser Feedback-Prozess und die damit einhergehenden Lerneffekte sind essentielle Bestandteile für eine erfolgreiche Umsetzung.

Um das Konzept der BSC erfolgreich zu implementieren, müssen neben Finanzanalysetools auch "weiche", qualitative Methoden eingesetzt werden. Hierzu zählen u. a.: Vision-/Strategie-Workshops, Interviews mit Mitarbeitern, Zufriedenheitsmessungen, Innovation-Circles, Fokusgruppen oder Prozessanalysen. Durch diese Tools wird das Management bei der Ermittlung der wichtigsten Steuerungsgrößen unterstützt. Entscheidend für den Erfolg ist vor allem das Commitment aller beteiligten Unternehmenseinheiten, allen voran des Top-Managements. Hier sind anfangs oft "Barrieren in den Köpfen" zu überwinden, andere als die "althergebrachten" Steuerungsgrößen zu verwenden. Der Nutzen der BSC zeigt sich jedoch erst dann, wenn genau dieser essentielle Schritt gelingt und ein grundlegend geänderter Prozess der Strategiefindung und -implementierung einsetzt.


 
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